Ein Referentenentwurf, der zur Zeit im Internet kursiert, bringt nahezu alle Salvianauten in Aufruhr. Dieser sieht vor den Aztekensalbei, mit botanischem Namen Salvia Divinorum, zu illegalisieren. Pflanzen und Pflanzenteile sollen einen Eintrag ins BtMG erhalten.
Über den gesundheitsschädlichen Status von Salvia Divinorum wird in der Politik viel geredet. Wobei die Wörter "gerätselt" oder "geraten" an dieser Stelle zutreffender sind. Am besten passt villeicht - um im thematischen Vokabluar zu bleiben - das Wort "halluziniert". Neben dem gesundheitlichen Aspekt fehlt der Politik vor allem eines. Argumente.
In einer Antwort des Deutschen Bundestages auf eine Schreiben von mehreren Politikern heißt es, dass "der Bundesregierung keine Prävalenzdaten zu Salvia divinorum" vorliegen. [1] "Als einzige sogenannte biogene Droge [werden] psilocybinhaltige Pilze erfasst" heißt es weiter in dem Dokument. Die Frage, ob der Bundesregierung Erkentnisse über "Fälle von gesundheitlichen Schädigungen im Zusammenhang mit dem Konsum von Salvia divinorum in Deutschland" vorliegen, wird vom Bundestag verneint.
Trotz der selbst zugegebenen Inkompetenz ist sich der Bundestag sicher, dass "Der Konsum dieser biogenen Drogen [...] zu schweren Bewusstseinsveränderungen, Psychosen und anderen gesundheitlichen Schädigungen führen [kann]". An anderer Stelle heißt es, diesmal speziell über den Aztekensalbei: "Über mögliche Risiken des Salvia-Konsums ist nicht viel bekannt, da die Pflanze bisher wenig untersucht wurde". Trotz dieser ehrlichen Urteilen, klagt der Bundestag den Zaubersalbei an.
über die psychische Wirkung und andere Vorurteile"Da es sich um ein Halluzinogen handelt, muss man davon ausgehen, dass der Konsum von Salvia auch die für Halluzinogene typischen psychischen Risiken nach sich ziehen kann. Bei Halluzinogenen besteht die Gefahr einer psychischen Abhängigkeit mit dem Wunsch, den erlebten Rausch immer wieder herbeizuführen." Was logisch klingen mag und dazu eine der wenigen wenigstens halbwegs logischen Stellen im Dokument makiert, entspricht aber keineswegs den vielen individuellen Erfahrungen der Salvia-Konsumenten. Beinahe alle Konsumenten berichten von "heftigen Trips", die sie erstmal verarbeiten müssten, bevor sie einen weiteren Salvia-Trip erleben möchten. Von einem Konsumenten, der umgehend nach einem Salvia-Trip einen weiteren erleben wollte, ist nichts bekannt. Von der "Gefahr einer psychischen Abhängigkeit mit dem Wunsch den erlebten Rausch immer wieder herbeizuführen" kann daher definitiv nicht die Rede sein.
Weiter heißt es "Bei regelmäßigem Konsum kann es zu einer Toleranzbildung kommen." Obwohl bei Salvia Divinorum normalerweise von einer sogenannten
umgekehrten Toleranz, die Rede ist wird die Behauptung aufgestellt, man müsse im Laufe der Zeit mehr Aztekensalbei konsumieren um einen Effekt wie zu Beginn des Konsums zu erzielen. Was letzlich an einer Toleranzbildung, wenn es diese denn gäbe, so schlimm sein sollte bleibt auch unbeantwortet. Die schlimmste aller denkbaren Folgen wäre, dass Medikamente - sollte es diese jemals auf der Basis von Salvia Divinorum geben - nicht mehr oder nur eingeschränkt wirken könnten. Alles in allem ist die Anklage bezüglich der Toleranz nicht nur sachlich falsch, sondern - sogar ungeachtet dessen - unwichtig, da es ohnehin keine Medikamente auf Salvia Divinorum-Basis gibt.
Auch die nächsten beiden Argumente entpuppen sich als unzutreffend. Der häufige Konsum, könne "zu einer Verringerung der Konzentrations- und Wahrnehmungsfähigkeit" führen wird behauptet. Auch "Psychosen können nicht ausgeschlossen werden." Die Wahrscheinlichkeit hiervon ist aber gänzlich gering. Zum einen ist der Zaubersalbei nicht Schuld an der möglichen Psychose. Psychosen werden höchstens von psychoaktiven Mitteln hervorgebracht bzw. aktiviert. Existiert haben sie aber schon vorher. Hinzu kommt, dass auch diese Behauptung nicht auf Beispiele gestützt werden kann. Im Gegenteil. Der Zaubersalbei gilt als eine der wenigen Drogen die weder ein Abhängigkeitspotential besitzen oder dafür bekannt sind, dass Menschen auf ihnen hängen bleiben. Völlig außer Acht gelassen werden in diesem Zusammenhang auch Drittvariablen. Auch diese sind von nicht zu unterschätzender Bedeutung.
Mit der angeblichen Verringerung der Konzentrations- und Wahrnehmungsfähigkeit verhält es sich genauso. Auch diese ist nicht ernsthaft belegbar. Stattdessen berichten viele Konsumenten davon, in ihren Trips einen erhellenden Blick auf sich selbst und ihre Situation bekommen zu haben. Die Wahrnehmungsfähigkeit wird also nicht verringert, sondern erweitert.
letale Dosis, toxische Wirkung und andere RisikenAuch bezüglich einer letalen Dosis oder einer toxische Dosis muss dem Bundestag Nachhilfe erteilt werden. Eine letale Dosis, also die Doses die einen durchschnittlichen Menschen umbringt, lässt sich wenn zwar nicht exakt bestimmen so doch eingrenzen. Versehentlich hat bereits jemand ein Gramm 30x Extrakt geraucht. Diese Überdosis entspricht etwa einer Autofahrt mit 1500km/h durch die geschlossene Ortschaft oder 60 Promille Alkohol im Blut. Eine Vergleichbare Überdosis von Alkohol oder auch Nikotin hätte den Konsumenten das Leben gekostet. Abgesehen von einem sehr heftigen Trip, geht's dem Salvia-Konsumenten aber gut. Folgerichtig bemerkt jemand in dem Forum, in dem der Vorfall aus 1. Hand geschildert wurde, dass es - sogar für Dumme - unmöglich ist durch den Konsum von Salvia Divinorum zu sterben. [2]
Der geschilderte Vorfall ist sicher auch Beweis genug für die nicht vorhandene toxische Wirkung. Alkohol, Nikotin, Gammelfleisch oder der selbstgeerntete Speisepilz, der sich doch als ein giftiger entpuppt, sind nicht nur nachweislich gefährlicher, sondern dazu auch noch vollkommen legal. Nicht mal über ein Verbot dieser Waren wird nachgedacht. Im Gegenteil: Mit Ausnahme der Pilze, verdient und fördert der Staat den Verkauf sogar. Ob darin der eigentliche Anstoß für das Verbotsverfahren liegt? Denkbar ist dies allemal. Im zwölfköpfigen Sachverständigungsausschusses gibt es Vertreter aus der Klinischen Pharmakologie, der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft sowie des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie e.V. und des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller. Denen käme es nur Recht, die Pflanze und ihr
medikamentöses Potential so für sich zu beanspruchen. Dann würde der Bundestag bald villeicht auch "Anwendungsmöglichkeiten von Salvia divinorum auf der Grundlage der evidenzbasierten Medizin" sehen. Bisher ist dies nicht der Fall. Die Pharmaindustrie wird das wohl aber zu ändern wissen - genießt sie erstmal den Vorteil den Zaubersalbei für sich allein entdecken und vermarkten zu können.
Die Arzneimittelkommission Deutscher Apotheker zieht ganz ähnliche Schlüsse bezüglich des Risikos von Salvia Divinorum. Der Deutsche Bundestag zitiert sie mit den Worten, "dass man von einem hohen, bisher aber nicht quantifizierbaren Risiko ausgehen muss." Hier muss stark eingeschränkt werden.
Es stimmt, dass bestimmte Risiken beim Konsum vom Zaubersalbei bestehen. Diese können durch die richtige Vorbereitung aber minimalisiert werden und bestehen zum Großteil nur beim Konsum selbst. Hier wäre richtige Aufklärung - nicht Verbot und Dramatisierung der richtige Weg. Zu den größten Risiken zählt sicher der mögliche Kontrollverlust beim Rauchen. So können leicht Brände entstehen, weil das Rauchgerät nicht mehr weggepackt werden kann. Näheres ist dem Artikel über
Gefahren im Umgang mit dem Zaubersalbei zu entnehmen.
Verbot wegen Aufklärung?Drogen zu beschaffen ist in der Regel kein Problem. Legalität hin oder her - wer eine Droge wirklich haben will bekommt sie auch. Dass Verbote eher kontraproduktiv sind - also das Interesse an einer Substanz eher vergrößern als verkleinern ist ebenfalls konsens. Ziel einer vernünftigen Drogenpolitik sollte daher die nüchterne Berichterstattung über die Substanzen sein.
Im Falle von Salvia Divinorum geschiet und geschah genau das - eine rege Berichterstattung über Salvia Divinorum. Und, weil sich scheinbar viele Menschen lieber informier(t)en anstatt irgendetwas zu konsumieren, erwägt man nun ein Verbot. Im O-Ton liest sich das wie folgt: "Der Betäubungsmittel-Sachverständigenausschuss nach § 1 Abs. 2 BtMG hat seine Empfehlung vom 18. Juni 2007 mit dem Hinweis auf das Gefährdungs- potential, Berichte über Missbrauchsfälle, der wachsenden Internetpräsenz der Droge und einer wachsenden 'User-Gemeinde' begründet und eine Unterstellung unter das BtMG für geboten erachtet."
Mit anderen Worten. Würde es keine Aufklärung und kein öffentliches Interesse am Zaubersalbei geben, würde nicht über eine Illegalisierung nachgedacht werden. Das Publizieren von Informationen sowie deren Austausch - mit der Absicht aus den Fehlern anderer zu lernen - werden mit dem Verbot also bestraft. Ob die zuständigen Politiker wohl diese abstruse Logik verstehen?
Der Garten als DrogenplantageViele ganz gewöhnliche, augenscheinlich harmlose Pflanzen können als Drogen miss- bzw. gebraucht werden. "Beispiele solcher psychoaktiver Drogen sind: Damiana-Blätter bzw. Kraut (Turnera diffusa), Betelnüsse (Semen Arecae), Traumkraut (Dream Herb; Calea zacatechichi), Quebracho-Rinde, Sinicuichi (Heimia salicifolia), Helmkraut (Scutellaria laterifolia) und Turkmenische Minze (Lagochilus inebrians) [...] Amanita muscaria, der Fliegenpilz, Psilocybin-haltige Pilze wie Psilocybe semilanceata, der spitzkegelige Kahlkopf, Atropa belladonna, die Tollkirsche und Datura stramonium, der Stechapfel." Und dies ist nur ein Bruchteil aller
legal highs. Das sehr gefährlichen Nachtschattengewächse Engelstrompete (Brugmansia) sollte in diesem Zusammenhang auch nicht unerwähnt bleiben. Diese Pflanze steht zudem in vielen heimischen Gärten und ist auch oft für Kinder erreichbar. Ähnliches gilt für die zitierten Pflanzen. Übrigens ist die Psychoaktivität dieser z.T. auch fragwürdig. Damiana z.B. ist ein Tabakersatz, der höchstens theoretisch psychoaktiv ist. Aber ist das nicht ohnehin jede konsumierbare Substanz?
Konsequent wäre es, alle oder keine dieser Pflanzen zu verbieten. Das Verbot von Salvia Divinorum wird bestenfalls dazu beitragen auf andere
legal highs umzusteigen. Diese wären z.B. die Engelstrompete oder der Stechapfel - also viel gefährlichere Pflanzen.
Illegalisierung, Kriminalisierung und der SchwarzmarktWie bereits angesprochen wird ein Salvia-Verbot wohl kaum einen Konsumstopp herbeiführen, sondern aller Wahrscheinlichkeit nach eher gegenteiliges bewirken. Bürger, die heute noch legal ihre Pflanzen anbauen, werden schon morgen dafür kriminalisiert. Betriebe werden teilweise schließen müssen und Shops werden mit Einbußen zu rechnen haben.
Schlimmer wiegt die Tatsache, dass mit Sicherheit schnell ein Schwarzmarkt entstehen würde. Dort gibt es keine Qualitätskontrollen und damit sind ernsthafte gesundheitliche Schäden bereits vorprogrammiert. Streckmittel wie feine Glasscherben oder, wie kürzlich bei Cannabis passiert, Blei stellen ein sehr viel größeres Gefahrenpotential als die Droge selbst dar. [3] Die längst überlastete Judikative wie auch die Exekutive werden zudem mit Straftaten aufgehalten, anstatt sich ernsthaften Problemen widmen - wie z.B. dem Erstärken neonazistischer Organisationen und der Etablierung bzw. Verfestigung rechtsextremen Gedankenguts.
AbschlussDas Verbotsverfahren von Salvia Divinorum stützt sich großteils auf Vermutungen, nicht aber auf belegbare Tatsachen. Wesentlich gefährlichere Substanzen, wie z.B. Alkohol oder die Engelstrompete sollen nicht illegalisiert werden. Der relativ harmlose Zaubersalbei hingegen schon.
Nach einem Verbot wird die Droge auf dem Schwarzmarkt erhältlich sein und die Zahl der Konsumenten vermutlich steigen. Es wird finanzielle Einbußen geben und auch die Justiz sowie die Exekutive werden unter dem Verbot leiden.
Ein Verbot kann nur als Versagen der Drogenpolitik, sowie als willkürliche Maßnahme in einem aussichtlosen Kampf gegen den Rausch gedeutet werden.
PS: Es scheint nur eine Frage der Zeit so sein bis auch das Küssen illegalisiert wird. Mit gutem Grund übrigens: es kann nicht nur Krankheiten übertragen, den Tod durch Erstickung herbeiführen, auch eine letale Dosis erscheint plausible. Stichwort Herzkreislaufzusammenbruch. Erschwerend kommt hinzu, dass bis jetzt alle Menschen die in ihrem Leben auch nur ein einziges mal geküsst haben starben.
[1] dieses Zitat, sowie die folgenden können unter folgendem Link eingeshen werden http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/061/1606150.pdf
[2] vgl. http://www.salvia-community.net/1g_30x_Extrakt_Ich_aufloesung-t6234-s15.html
[3] http://www.suchtzentrum.de/drugscouts/dsv3/chemie/marijuana_blei.html
Irrtümer vorbehalten! Vor dem Salvia-Konsum ist eine gute und ausgewogene Kenntnis aus verschiedenen Quellen unbedingt notwendig!