Samstag, 14. April 2007

Braun bis zur Mitte

Laut einer Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin sehen 9% der Deutschen „eine Diktatur besser an als die Demokratie“. 11% meinten, dass das „NS-Regime auch seine guten Seite hatte“ und 11,2% vertreten die Ansicht, dass „Hitler abgesehen von der Shoah ein guter Staatsmann“ war. Dass „die Deutschen, schon von Natur aus anderen Völkern überlegen seien“ glauben 14.8%. 15% wünschen sich „einen Führer, der sie regiert“, 26% wollen eine Partei, die „die Volksgemeinschaft insgesamt verkörpert“. Laut der Studie weisen außerdem 26,7% „Fremdenfeindliche Einstellungsmuster“ auf. 43,8% der Menschen aus dem Osten und 35,2% der Westdeutschen meinen, „dass Ausländer nur nach Deutschland kommen um den Sozialstaat auszunutzen“.

Da sich diese Studie auf sehr eindeutig als rassistisch zu entlarvende Aussagen bezieht kann sie wohl kaum als repräsentativ angesehen werden. Dennoch vermittelt sie einen ungefähren Eindruck wie viele Deutsche sich zu zweifelsfrei rassistischen Aussagen bekennen.

Um den etwas versteckten gesellschaftlichen, den sekundären, Rassismus zu erkennen bedarf es vor allem kritischem hinhören und genauem lesen. Nicht immer ist Rassismus so leicht zu entlarven. Meist geht Rassismus einher mit Formulierungen, wie „wir Deutsche“, abwertenden Begriffen wie „Illegale Menschen“, oder Wörtern wie „Paki“, „Zecke“ oder „Nigger“.

Oft sind es vorallem die Verhaltensweisen gegenüber farbigen Personen, die Menschen als Rassisten entlarven. Wenn der Platz neben schwarzen in Bus&Bahn trotz sonst voller Plätze leer bleibt, wenn weiße schneller und besser bedient werden als schwarze oder der demonstrative Blick auf den Boden, wenn ein schwarzer Mitbürger einem entgegen kommt.

Vermeintliche „nicht-Deutsche“ werden zum Feindbild erklärt und anders, abwertend behandelt. Dieses Phänomen kann im ganz normalem Alltag beobachtet werden. Dazu bedarf ist lediglich funktionierender Augen. Bei den Beobachtungen wird auch schnell klar werden, dass sich Rassismus durch alle soziale Schichten zieht. Rassismus ist kein Randproblem. Die Existenz von Rassisten ist also nicht auf „schwierige Umstände“ zu reduzieren, was letzlich nur davon ablenkt, dass es sich bei Rassismus um ein Problem des gesamten Gesellschaft handelt.

Sicher sind „schwierigen Umstände“ (niedriger sozialer Stand, soziale Isolation, Einfluss von Freunden) förderlich damit Menschen , sich in rechtsextremen Strukturen organisieren, aber sie sind nicht alleinschuldig. Die wahren Ursachen sind tief in der Gesellschaft verwurzelt und können auch nur dort bekämpft werden.

Antifas und aufmerksame BeobachterInnen haben zudem längst gemerkt, dass (Neo-)FaschistInnen i.d.R. konsequenzenlos agieren können. Meint: die meisten Deutschen stört es wenig bis kaum, wenn Nazis in ihrer Nachbarschaft wohnen und – in welcher Weise auch immer – (politisch) aktiv werden. Sie nehmen ihre Existenz hin, ohne sie zu outen (öffentlich bekannt machen), sie zu bekämpfen.

Wenn Nazis frei agieren können, ohne auf irgendwelche Konsequenzen aus der Mitte der Bevölkerung zu stoßen, werden sie weiterhin ihre menschenverachtenden Ideen verbreiten können – und immer mehr Menschen für ihre Ideologie gewinnen können. Auch, wenn die Mitte zwar längst „braun“ ist, sind es doch die Neonazis die physische Gewalt ausüben, was der wichtigste Unterschied zwischen gesellschaftlichem und neonazistischem Rassismus ist.

Kampf dem Rechtsextremismus, der wie wir gemerkt haben nicht „extrem“ sondern Normalfall ist, heißt Kampf dem gesellschaftlichem Rassismus!

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