Mittwoch, 26. Dezember 2007

Antifa heißt Angriff!

"Hitler hat den Menschen im Stande ihrer Unfreiheit einen neuen kategorischen Imperativ aufgezwungen: ihr Denken und Handeln so einzurichten, daß Auschwitz sich nicht wiederhole, nichts Ähnliches geschehe."
Theodor W. Adorno


Nazis maschieren vermehrt auf, sie hetzen Migranten, "Assoziale", Juden, Antifas; sie schlagen, treten und töten sogar manchmal Menschen, die nicht in ihr diffuses Weltbild passen. Sie sitzen ganz legal durch demokratische Wahlen in Parlamenten. Ihre Präsenz ist unüberseh- und unüberhörbar. Nebenbei steigen neben staatlicher finanzieller Förderung (Wahlkampfkostenrückerstattung, wegen der Wahlerfolge) auch die Mitgliederzahlen der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD). [1]
Trotzdem werden bedrückend viele Menschen nicht müde, die von den Nazis ausgehende Gefahr für Leib und Leben Unschuldiger zu verharmlosen oder gar ganz zu leugnen. Sie gestalten sich ihre eigene Welt in der Nazis ein Randproblem sind, dem kaum Bedeutung zuzumessen ist. Dass diese verharmlosende Einstellung gegenüber den Rechtsextremisten nicht der Wirklichkeit entspricht zeigt z.B. die steigende Häufigkeit Rechtsextremer Straftaten. Im Jahr 2006 ist nach Angaben des Bundeskriminalamts die Zahl rechter Straftaten um 14 Prozent auf mehr als 18.000 Delikte angestiegen - der Höchststand rechtsextremer Straftaten seit der Wiedervereinigung 1990. Im Jahre 2004 gab es 832 rechtsextreme Gewalttaten, im Jahr 2005 waren es schon 1034 und für das Jahr 2006 ist ein Zuwachs von acht Prozent auf etwa 1100 einschlägige Delikte zu verzeichnen. [2] 2004 zog die Rechtsextreme NPD in den Sächsischen Landtag ein, 2006 schaffte sie es in den Landtag von Mecklenburg-Vorpommern [3] und bezüglich der nächste Bundestagswahl (Herbst 2009) werden die Politiker der NPD nicht müde zu betonen, dass sie dort ebenfalls einziehen werden. [4]

traditionelle Vorstellungen

Gelernt haben die Nazis vieles aus der Geschichte. Auf jeden Fall deutlich mehr als diejenigen, die immernoch Appeasement und Verständniss gegenüber Neonazis an den Tag legen. Gerade die NPD hat von von Hitlers Machtergreifung viel gelernt. So schaffen sie es mit Forderungen wie "Arbeit für Deutsche" oder ",Fremdarbeiter‘ stoppen" einen staatlichen und rassistischen Ausgrenzungsmechanismus, der zwingen mit der Konstitution einer Nation einher geht, in aller Totalität zu reproduzieren. Für als "nichtdeutsch" klassifizierte Menschen ist hier kein Platz. Und wer als "nichtdeutsch" gilt ist klar. Kommunisten, Linke, Antifas, Arbeitsunwillige, Behinderte, Freidenker, Ausländer, Homosexuelle und vor allem gegen Juden richtet sich der neonazistische Hass, der oft genug auch in die Tat umgesetzt wird.
Antiamerikanismus und Antisemitismus bleiben die wohl wichtigsten Komponenten neonazistischer Ideologie. Israel wird, stellvertretend für alle Juden, "kritisiert". Eine Handlung die das Ressentiment gegenüber Juden dem aktuellen Diskurs anpasst und den Antisemitismus - als Antizionismus - auf den "Juden unter den Staaten" (Alan M. Dershowitz) reproduziert. Für sie gilt nicht nur alles böse als jüdisch sondern auch alles jüdische als böse. Es verwundert da keineswegs, dass NPD Funktionäre in der arabischen Welt und deren antisemitischen Vernichtungswahn sympathisieren, welcher übrigens in großem Maße erst durch die nationalsozialistischen Beziehungen zur Arabischen Welt entstand. Der iranische Präsident, Mahmud Ahmadinedschad, sowie das Mullah-Regime im Allgemeinen werden als strategische Partner für Deutschland und als Gegner "der Juden" begriffen. Da das iranische Regime doch recht eindeutig nach Massenvernichtungswaffen - v.a. Atombomben - strebt [5] und gleichzeitig davon redet, dass "zionistische Gebilde" zu beseitigen, verwundert die Sympathie von deutschen Neonazis für die iranischen Mullahs keineswegs. Aber auch andere Gruppierungen, wie die libanesische Hisbollah oder die palästinensischen Terroristen der Hamas werden für ihren antijüdischen und antiwestlichen, antiamerikanischen Kampf geschätzt.

Die Vereinigten Staaten von Amerika werden als Siegermacht des Zweiten Weltkrieges und Schutzmacht Israels zugleich gehasst. Die mit Amerika verbundenen Werte wie v.a. der Demokratie, stehen die Nazis besonders ablehnend gegenüber, sehnen diese sich doch nach einer Führungsperson und eben nicht nach politischer Selbstbestimmung, sprich Emanzipation.

Dank dieser kurz und unvollständig beschriebenen Parallelen zum Nationalsozialismus sollte kein Zweifel mehr daran bestehen, dass es sich bei den Neonazis durchaus um Menschen von sehr ähnlichem Schlag handelt, wie es die Nazis in der Weimarer Republik und im Dritten Reich waren. Mögen Einzelheiten durchaus variieren bleibt der eliminatorische Antisemitismus, die antiwestliche und antidemokratische Linie doch erhalten. Gewalt gegen Andersdenkende gehört zur Selbstverständlichkeit und wird immer wieder praktiziert.

Eine Randgruppe?

Immer wieder wird die Behauptung aufgestellt, Neonazis seien eine Randgruppe, der keine weitere Beachtung geschenkt werden müsse. Ja, mehr noch. Eigentlich seien die Antifaschisten am Erstärken, der neonazistischen Strukturen mindestens Mitschuld. Würde man die Nazis einfach in Ruhe lassen, würde das Problem von selbst wieder verschwinden.
Diese schnell aufgestellte Behauptung enthebt nicht nur die Neonazis ihrer Verantwortung, die sie - wie jeder andere Mensch auch - für ihr Handeln übernehmen müss(t)en; sie erklärt auch noch diejenigen, die sich gegen NS-Rehabilitierer engagieren zu den eigentlichen Tätern. Im Grunde ist dieses Argumentationschema mehr der Selbstberuhigung denn der Logik verpflichtet. Wenn sich niemand gegen das Verbreiten neonazistischer Ideologie zur Wehr setzt bzw. Gegenöffentlichkeit schafft, haben es die Nazi-Kader wesentlich leichter ihre Landser zu rekrutieren.

Über Neonazis, sowie deren Ideologie und Ziele zu informieren ist eine Notwedigkeit, die schlicht und ergreifend nötig ist, um "die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln" sowie den "Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit" (Schwur der Häftlinge von Buchenwald) zu gewährleisten. Das Nichtstun kommt einer Duldung neonazistischen Gedankenguts gleich und man macht sich so zum Komplizen der Neonazis.

Dass es sich bei Neonazis um eine Randgruppe - wenn auch eine recht große und stetig wachsende - handelt, mag stimmen. Nichts desto trotz gibt es genug "normale" Deutsche, die zentralen Aussagen der neonazistischen Ideologie teilen. So meinen z.B. 43,8% der Menschen aus dem Osten und 35,2% der Westdeutschen, „dass Ausländer nur nach Deutschland kommen um den Sozialstaat auszunutzen“. [6] 81,9% der Deutschen werden wütend, „wenn sie daran denke, wie Israel die Palästinenser behandelt“ und 86% finden es „ungerecht, dass Israel den Palästinensern Land wegnimmt.“ [7] Diese Aussagen stehen nur exemplarisch für eine ganze Reihe weiterer rassistischer und antisemitischer Einstellungen der Durchschnittsbevölkerung. Und genau darin liegt das eigentliche Problem. Die Massen bleiben nicht auf der nötigen Distanz zu den Nazis. So fällt es ihnen leicht die "Mitte der Gesellschaft" für sich zu gewinnen. Das ist der eigentliche Skandal. Der Status quo Deutschlands.

Angriff? Worauf?

Um auf den Titel dieses Artikels zurückzugreifen, muss natürlich die Frage beantwortet werden, was genau denn jetzt angegriffen werden soll. In erster Linie ist die Phrase symbolisch zu verstehen. Ein Angriff muss nicht zwingend mit körperlicher Gewalt einher gehen. In erster Linie ist es wichtig Ideologiekritik zu üben. Also einen Angriff auf die Ideologie zu tätigen.

Einen körperlichen Angriff auf Nazis sollte man trotzdem nicht gänzlich ausschließen. Um es mit den Worten von jemanden zu sagen, dessen Autor mir nicht bekannt ist: "Was mich an ihnen [den Nazis] interessiert, ist nur eins: daß man sie hindert, das zu tun, was sie eben tun, wenn man sie nicht hindert: die bedrohen und nach Möglichkeit umbringen, die nicht in ihre Zigarettenschachtelwelt passen. Ob man sie dafür einsperrt oder sie dafür auf den Obduktionstisch gelegt werden müssen, ist mir gleich, und wer vom Lager (für andere) träumt, kann gerne selbst hinein." [8] Die Forderung Nazis an dem zu hindern, was diese tun wollen ist auch im Sinne des Adornschen Imperatives (s. o.). Jene an dem Tun zu hindern, die einen positiven Bezug auf Auschwitz haben und/oder einer Wiederholung der Shoah oder Ähnlichem interessiert sind, müssen mit allen Mitteln daran gehindert werden.

Gerne wird diese Forderung als Indiz für die "faschistoide" Herangehensweise von Antifas aufgeführt. Man sollte sich aber im klaren darüber sein, dass man so einen unschuldigen Migranten, der auf Grund seines Geburtsortes verkloppt wird auf die gleiche Stufe wie eben diesen Schläger stellt. Außerdem trägt der Neonazi eine moralische Schuld, weil er absolut nichts aus der Geschichte gelernt hat - im Gegenteil: er findet die Verbrechen auch noch gut!


[1] http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,356199,00.html & http://de.wikipedia.org/wiki/Nationaldemokratische_Partei_Deutschlands
[2] http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,474351,00.html
[3] http://de.wikipedia.org/wiki/Landtagsabgeordnete_der_NPD
[4] http://www.swr.de/report/presse/-/id=1197424/nid=1197424/did=2921668/luaev4/index.html
[5] s. u.a. http://images.zeit.de/text/online/2007/50/interview-israel-iran-shueftan
[6] http://library.fes.de/pdf-files/do/04088a.pdf
[7] http://www.honestly-concerned.org/Heitmeyer2.htm#TEIL1
[8] http://blog.rbb-online.de/roller/fritzblog/entry/darf_man_mit_nazis_reden

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