Freitag, 27. Juli 2007

Veganismus und antideutsch

Antideutsche sind ja bekannt für durchaus provokante, radikale Kritik gegen linke Traditionen. Das trifft auch beim Veganismus zu. Zu Recht machen sie auf den Antisemitismus in Tierrechts/Anti-Spezi Bewegungen aufmerksam. Teile der Kritik sind vernünftig und berechtigt - anderes überzeugt garnicht. Eine kleine Kritik an diesem Vortrag.

Zu Beginn werfen sie den Anti-Spezi's vor, sie würden den marxschen kategorischen Imperativ verkehren, da sie nicht nach der Freiheit des Menschen, sondern nach der Gleichsetzung von Mensch und Tier streben. Dabei macht eine 100%-ige Gleichsetzung garkeinen Sinn. Was soll ein Tier z.B. mit Religions- oder Wahlfreiheit? "Alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist!" ist die zentrale Forderung des marxschen kategorischen Imperatives. Für Lebewesen - egal ob menschlich oder nicht - ein Lebens- und Freiheitsrecht einzufordern, heißt aber noch lange nicht das streben nach den von Marx formulierten Forderungen aufzugeben. Im Gegenteil: Den kategorischen Imperativ von Marx auf Tieren auszuweiten geht gar über die marxschen Forderungen hinaus. Auch wenn viele Aktivisten vergessen, dass auch der Mensch befreit werden muss oder sie die Priorität zu Gunsten der Tiere auslegen heißt das noch lange nicht, dass dies richtig oder unumgäglich ist. Anti-Spezis muss es viel mehr darum gehen, allen Lebewesen ein ungestörtes Leben zu ermöglichen.

Ist es moralisch vertretbar, Lebewesen unterschiedlicher Rassen unterschiedlich zu behandeln? Nein. Ist es moralisch vertretbar, Lebewesen auf Grund ihres Geschlecht unterschiedlich zu behandeln? Nein. Ist es moralisch vertretbar, Lebewesen auf Grund ihres sozialen Stands unterschiedlich zu behandeln? Auch nicht. All diese Forderungen sind zentrale Forderungen der Linken und auch der Antideutschen.
Ist es nun moralisch vertretbar Spezien unterschiedlich zu behandeln?
Nein, denn es ist so willkürlich wie Rassismus, Sexismus oder der jew. soziale Stand. Jedes Lebewesen empfindet Glück, Schmerz, Trauer, Freude usw. Gerade bei sich kommunistisch/anarchistisch/antikapitalisch verstehnde Menschen verwundert es, wie kritiklos sie auf Herrschaft, Ausbeutung, Dominanz und Unterdrückung, fühlender Lebewesen mit bewussten Erlebenissen, reagieren. Ein Slang bringt das ganz gut auf den Punkt "Solange Menschen denken, dass Tiere nicht fühlen, müssen Tiere fühlen, dass Menschen nicht denken."

Die antideutsche Kritik an Organisationen wie "peta" sind dagegen nicht nur berechtigt sondern vor allem auch nötig. Die Einzigartigkeit der Verbrechen an Juden mit denen an Schweinen, Rindern oder Hühner zu vergleichen ist antisemitisch. Folgt die Verwertung von Lebewesen ökonomischen Interessen. Der Vernichtungsantisemitismus der Deutschen und ihrer Hilfsvölker, hingegen wurde begangen um die als Fremdkörper im deutschen Volkskörper begriffenen Juden zu vernichten. Hier wirft einer der Referenten zwar ein, dass eine Gleichsetzung von Shoah und Legebatterie, in anti-spezifistischer Weltanschauung, korrekt wäre wenn die Opfer der deutschen Barbarei aus Profitgier umgebracht worden wären. Diese Frage stellt sich aber aus dem Grund nicht, da die KZ-Opfer eben nicht umgebracht wurden um Profit zu bringen. Ein "Holocaust aus Profitgier" ist zudem unwarscheinlich, da sich Geld doch schneller durch (in Kriegszeiten) eroberbare Rohstoffe besorgen lässt oder durch die Enteignung von Personen - wozu sie nicht administrativ in Konzentrationslagern ermordert werden müssen.
Auch sind die Praxis der Tierhaltung nicht mit den Zuständen in Konzentrationslagern vergleichbar. Gegen dieses Ressentiment der Gleichsezung von Shoah und Legebatterie eine Argumentation zu schreiben hätte etwas zutiefst unmoralisches.

Als einer der Referenten, auf das Thema des Welthungers im Bezug auf vegane Ernährung eingeht, argumentiert er leider wenig überzeugend. Ich habe bereits einen Artikel zur Thematik Welthunger und vegane Ernährung verfasst. Selbstverständlich wird mit einer veganen Ernährung der Welthunger nicht besiegt - diese Erkenntniss ist dem Kapitalismus immanent. Aber auch ohne Kapitalismus gibt es immernoch nicht genug Fläche für eine weltweite Ernährung auf Fleischbasis. Das fällt in dem Vortrag völlig unter'n Tisch.

Leider disqualifiziert sich der ansonsten konstruktive Vortrag durch das lächerlichmachens von Dingen wie veganer Ernährung - die ungenießbar sei -, veganer Lebensart - wie z.B. vegane Matratzen, oder Tierschutz beim Autofahren (was in der Tat fragwürdig ist) - oder aber auch die Anknüpfung an die NS-Tierschutzgesetze. Diese waren nämlich nicht dafür gedacht Tieren ein besseres Leben zu ermöglichen, sondern für "Heimatschutz" und einen "gesunden Volkskörper" zu sorgen. Zudem ist auch die implizierte Doppelmoral im Bezug auf Rassismus, Sexismus und Antisemitismus der Nazis zu beachten.

schwarz-grün Front,
badelehrling

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